Dienstag, 8. November 2011

Kein schöner Zug (eine traurige Fabel)

Einem Schaf war es in seiner Herde langweilig geworden. Immer nur mit den Anderen mitlaufen, das gemeinsame Blöken oder auch das Gehetztwerden durch die Schäferhunde –„nein, das mache ich nicht mehr mit“, dachte es. Außerdem war es das Schaf leid, immer im Frühjahr regelrecht ausgezogen zu werden. Und dann verschwanden zwischendurch auch noch einige Kumpel, die nie wieder auftauchten.
Also hatte es Gründe genug, sich diesem schnöden Dahintrotten zu entziehen. Es wartete einen geeigneten Augenblick ab als es gerade in der Herde einige Unruhe gab, weil der Schäfer einem dringenden Bedürfnis nachging.
Das Schaf versteckte sich in einem Graben und wartete ab, bis eine Herde sich weit entfernt hatte. Nun war es frei vom Herdenzwang, was allerdings auch bedeutete auf sich selbst gestellt zu sein. Es trabte mal hier hin und mal dort hin, versuchte ein Gespräch mit einer Krähe anzufangen, die es allerdings hochmütig ignorierte und mit einem Krah-Krah bedachte, was soviel zu bedeuten hatte wie: “halt die Klappe!“
Mißmutig verließ das Schaf diesen Ort der Ungastlichkeit und begann die weiter Gegend zu erkunden. Es überquerte einen Damm ohne sich um die leckeren Wildkräuter und Gräser zu kümmern (ewig dieser eintönige Fraß) auf dem Scheitelpunkt des Damms sah es zwei merkwürdige lange Stangen, die zu beiden Seiten des Horizontes nicht enden wollten aber irgendwie aufeinander zuliefen. Dazwischen lagen lauter Steine. "„Merkwürdige Landschaft,“ dachte das Schaf und ging vorsichtig, damit es sich nicht verletze, auf dem Gleisbett spazieren. Da sah es in der Ferne ein kleines Tier auf den Stangen schnell, sehr schnell näher kommen. Das Tier wurde riesengroß und eilte mit unheimlicher Geschwindigkeit auf das Schaf zu.
„Das Ungeheuer will mich vertreiben“ schoß es dem Schaf durch den Kopf, „na warte, nicht mit mir!“ Es senkte seinen Kopf zum Angriff, wie es dies schon mehrfach bei den Böcken gesehen hatte.
Die Beschreibung seines blutigen Endes will ich euch ersparen. Nicht jedoch die Lehre, die ihr aus dem Verhalten des Schafes ziehen könnt: auch wenn es langweilt und manchmal beschwerlich und unangenehm in der Gemeinschaft ist. Um diese zu verlassen, braucht man Kraft, Erfahrung und die Einsicht sich nicht selbst zu überschätzen. Leider gibt es viele Schafsköpfe, die sich aus der Gemeinschaft entfernen.

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