Sonntag, 30. Januar 2011

Totenabschied

So geh und schlaf! Was man sich scheut
beim Namen oft zu nennen,
da leben mit dem Glück und Leid
ist das nur, was wir kennen.
Was danach kommt – fürs Dasein ist ´s tabu.
Man spricht nicht drüber und verdrängt
und schließt davor die Augen zu,
weil man doch so am Leben hängt.

So leb denn wohl! Welch Ironie am Grab,
wenn eingeengt in Dunkelheit begraben;
und niemand da – der sagt er starb,
er wird kein neues Leben haben!

Ich habe eine Meise

Ich sah eine Meise,
die kam ganz leise
zum Futterplatz geflogen.
Und das ist nicht gelogen:
auf einmal waren ´s drei
und ein Fink war auch dabei.
Wie auf einen Wink
flogen Meisen und Fink
ganz plötzlich fort,
nur eins blieb am Ort -
auf wunderbare Weise
und zwar meine Meise!
Hätte ich die nicht,
schrieb ich nicht so ´n Gedicht!

Freitag, 28. Januar 2011

Maikäfergewohnheiten

In der Erde dunkler Tiefe
entwickelt sich ein Insektenei,
glaube nicht, dass es da schliefe,
nein es wurd zum Konterfei

wie ein länglich fettes Ding,
dauerhaft am gierig Fressen,
eklig weißer Engerling,
der ein harmlos Ei gewesen.

Nun mehr tut das Ding sich gütlich
an dem Wurzelwerk, dem zarten,
frißt und macht es sich gemütlich
und verschmäht nur die ganz harten

Wurzeln, die ´s nicht beißen kann,
schlägt so manche schlimme Schneise
richtet großen Schaden an,
durch gefräßige Lebensweise.

Wenn die Erde sich erwärmt,
hat entpuppt sich das Insekt ,
das als Maikäfer nun schwärmt
und in Buchen sich versteckt.

Wenn du Äste kräftig schüttelst,
so am Morgen, wenn ´s noch kalt,
du die Tierchen wachgerüttelt,
dann erfährst du es sobald:

in die Schachtel, in der Löcher,
kannst du sammeln Schornsteinfeger
oder Müller noch und nöcher
und zuweilen Käfer-Neger.

Manchmal denkst du fast geniert,
wenn die Käfer heftig pumpen,
dass ist dir auch schon passiert
und ein Freund ließ sich nicht lumpen!

Donnerstag, 27. Januar 2011

Fremde Heimat

Ich sehe über die Stadt, die meine Heimat war,
vom Bergrücken in das ausgedehnte Tal.
Sie liegt im Sonnenlicht, mein Blick gleichwohl nicht klar,
die feuchten Augen zeigen meine Qual.

Zu viele Jahre sind ins Land gegangen,
die mir die Liebsten, sind im ew´gen Schlaf
und so in den Erinnerungen eingefangen
ist eine Rückkehr ohne Sinn und ohn´ Bedarf.

Lebe denn wohl, was Heimat mir gewesen,
ein Haufen Steine, Straßen mit den stillen Plätzen.
Mich kennt hier keiner mehr – und kein geliebtes Wesen
hält mich am Ort. Mag den ein Anderer als seine Heimat schätzen

Dienstag, 25. Januar 2011

Modernes Theater oder liebe ich es wirklich?

Von dem klassischen Trauerspiel
halte ich fürwahr nicht viel,
das ist so tränen-traurig.
Ich lieb es blutig schaurig,
so ganz modern – Schauspieler nackt,
daß einem schnell das Grausen packt.
Die Texte kurz und knapp fäkal,
die Handlung möglichst auch banal.
Diese Theaterszenerie –
so lebensecht gefällt mir sie!
Kultur, mit der man sich belohnt,
ist das, was einem innewohnt!

Montag, 24. Januar 2011

Verschiedene Welten

Der Kuckuck ruft –
Die Zeit den Schinken anzuschneiden!
Im Schweinestall gilt er als Schuft,
den Ruf kann eine Sau nicht leiden.
Der Kuckuck kann zwar nichts dazu,
dass Schinken so gut schmeckt.
Doch gibt sein Rufen keine Ruh,
was Schweine sehr erschreckt.
Der Kuckuck und die Schweine sind
so spinnefeind in jedem Fall
und daher weiß auch jedes Kind,
der Kuckuck legt die Eier nicht
in einen Schweinestall!

In Gedanken

Tief eingefangen in dem Ich
springen Gedanken durch Synopsen
nur Mimik zeigt nach außen sich
im Kopfe herrscht ein lautlos Hopsen.

Erstaunlich sind Gedankenwege
Vergangenheit mischt sich mit Gegenwart.
Auch Zukunftspläne, die ich hege
sind Realität, die sich mit Träumen paart.

Verborgen sind sie die Gedanken.
Dein Eigen, das man nicht errät
zuweilen sie an Logik kranken
im Konjunktiv, als ob ichs wirklich tät.

Gedanken jenseits aller Möglichkeit,
gute, schlechte irrwitzig gedacht
sind ein Ventil das das Gemüt befreit,
sie geistern später nur als Träume durch die Nacht.

Tief in Gedanken sein –
der Außenwelt sich zu entziehen
heißt einsam sein mit sich allein
der Welt, den Menschen zu entfliehen.

Samstag, 22. Januar 2011

Das Sparrenburg Gespenst

Die Nacht hat die Geschäftigkeit vertrieben.
Die Dunkelheit hüllt Mauern ein und Kasematten.
Im fahlen Mond, das einz´ge Licht das noch verblieben
sieht man sie huschen eine kleine Schar von Ratten.

Drohend der Bergfried, wie ein Zeigefinger
ragt er am Felsenrand so unerschütterlich
trotzt hunderte von Jahren jedem Burgbezwinger
und hütet ein Geheimnis, welches fürchterlich.

Ein Käuzchen krächzt um Mitternacht,
mit ihm ein Klageruf erklingt,
es ist das Burggespenst, das nun erwacht
und wimmernd hohl sein Klagen singt.

Im Büßerhemd schwebt langsam es heran,
das Mädchen, das vor grauer Zeit
das Herz des Grafen einst gewann,
sein Spielzeug wurd´, bis er es leid.

Die Gräfin zieh den Ehebruch-
Doch ließ sie ohne sein Bedauern
das arme Mädchen mit ´nem Fluch
lebendig in das Burgverlies einmauern.

Der Fluch jedoch wurd´ nie geheilt,
durch heil´gen Spruch nicht abgewandt,
darum das Mädchen heut noch weilt
als ein Gespenst im Bußgewand.

Das Käuzchen ruft und Fledermäuse
umflattern wild die Spukgestalt.
Die Uhr schlägt eins – in sein Gehäuse
zieht sich zurück das Opfer der Gewalt.

Die Burg fällt wieder in Jahrhundertschlaf,
stolz weht die Fahne mit drei Sparren.
Das Burgtor wird geöffnet bei Bedarf,
wenn die Besucher tagsüber dort verharren.

Unerwartet oder?

Es klapperte ein Klapperstorch
hoch oben über dem Kamin.
Die Else sprach: „oh, Gottfried , horch!“
Drauf er: „laß ihn doch weiter ziehen.“

Die Else aber gab nicht nach,
das Klappern sie verstört:
„er sitzt noch immer auf dem Dach!“
Gottfried die Mahnung überhört.

Es gingen Monate ins Land.
Die Else wiegt ein Kind,
der Gottfried hat es anerkannt.
Wie eitel doch die Männer sind!

Freitag, 21. Januar 2011

Fremd hier

Über stillem Wasser tanzt ein Mückenschwarm.
In stetiger Bewegung, seinem Auf und Nieder
im Sonnenschein, der sommerwarm
find der Betrachter zu sich selber wieder.

Der Wald mit sanftem Blätterrauschen
im Lichterspiel des Sonnenlichts
verführt zu intensivem Lauschen-
ringsum nur friedliche Natur – sonst nichts.

Als Eindringling – so fühl´ ich mich,
ein Störenfried, der diesen Frieden bricht.
Behutsam zieh zurück ich mich
zerstören möcht´ ich die Idylle nicht.

Donnerstag, 20. Januar 2011

Der Ausweg

Neig dich in Ehrfurcht vor dem großen Plan,
der allumfassend dieser Welt zugrunde liegt,
der unserer Erde Lauf bestimmt in ihrer Bahn
und ungezügelt Chaos hat besiegt.

In Demut lenke deinen Blick in jene unfaßbare Weite
des Weltalls nicht meßbarer Sternenzahl –
nicht zählt Vergangenes, nicht Zukunft noch das Heute.
Das Unbegreifbare wird dem Mensch zur Qual.

Und deshalb Menschlein such nicht zu ergründen,
auch wenn ein kleines Stück des Weltgeists wurde dir zuteil,
den Sinn von all´dem wirst du niemals finden.
So such im Glauben dein persönlich´ Heil!

Mittwoch, 19. Januar 2011

Zuerst ich...

Laß uns zur Menschlichkeit ermahnen
an Mitleid und Fürsorgepflicht,
daß Zorn, Vernichtungswille nicht
verbreitet sich in offene Bahnen.

Laß Zank und Streit uns niederringen,
die friedliches Zusammenleben stören,
laß Freude wieder an den Tag uns bringen
und wir der Gier und auch dem Neid abschwören.

Laß uns die Hand zum Bunde reichen
auch jenen, die entfernt und fremd,
laß guten Vorsatz in uns nicht erweichen,
daß jeder gute Absichten erkennt.

Laß uns ... was sag ich: mich,
denn nur im ICH vollzieht sich Wandeln.
Zu allererst heißt ´s nämlich ich,
nur so beweg´ ich andere ebenso zu handeln.

Dienstag, 18. Januar 2011

Dummes Vieh?

Es steht ein dummes Kalb im Stall.
Warum denn eigentlich nur dort?
Dumm sein kann man doch überall
an jedem x-beliebigen Ort!

Doch nein- im Stall und nicht im Haus.
Der Mensch sieht Dummheit nur im Tier,
er kennt sich da besonders aus,
kehrt besser nicht vor eigner Tür!

Es blökt das Schaf, es muht die Kuh.
Der Mensch tut nichts von Beiden.
Das Tier kann für sein Wesen nichts dazu.
Die Dummheit ist ein Menschenleiden!

Fortgehen

Fortgehen...ach, bei jedem Fortgehen
bleibt stets auch ein Stück
der Hoffnung auf ein Wiedersehen
- der Wiederkehr zurück.

Trennung... zwar geht jemand fort
doch niemals ganz im Leben
getrennt bleibt man an einem anderen Ort,
doch Wiedersehen wird es geben.

Wiedersehen... auch wenn der Tod alles beendet?
Gibt es ein Jenseits unserer Welt,
wo Seele sich der Seele wieder zugewendet,
so ein Versprechen an dem Sterbebette hält?

Montag, 17. Januar 2011

Ich mag ´s nicht Liebe nennen

Dein Blick legte mir Fesseln an
und deine Gegenwart nimmt mir die Atemluft.
Mein Herz beginnt zu stolpern dann,
doch meine Sehnsucht ständig nach dir ruft.


Nenn ich das Liebe, diese Qual,
die nadelgleich mir in das Herze sticht?
Sie schleudert meine Seele in das tiefste Tal,
denn das Gefühl erwiderst du mir nicht.

Ich will es nie mehr Liebe nennen,
was die Gedanken mir so sehr verwirrt
und müßt mein Herz mir aus der Brust ich trennen:
ich würd´ es tun, bevor die Liebe meinen Geist verwirrt.

Sonntag, 16. Januar 2011

Sonnenaufgang am Meer

Am Horizont zeigt sich ein heller Streifen
Noch spült ein müdes Wasser leeren Strand.
Von fern ertönt ein erstes Möwenkreischen
Nur zarte Rillen zeichnen sich als Spuren in den Sand.

Die dunkle Wasserlinie trennt sich ab
vom Himmel, der sich rötlich beginnt einzufärben,
ein roter Ball erhebt sich scheinbar aus dem Meeresgrab,
der letzte Schleier Dunkelheit beginnt sein Sterben.

Der rote Ball wird hell und heller, schwebt,
scheint auf dem Horizont zu rollen.
Das Meer, es sprenkelt, glitzernd wie belebt
und farbig kleine Wolken sich am Himmel tollen.

Der Wind frischt auf und bläst den Tag in diese Welt.
Pfeilschnelle Schwalben schneiden Himmelsbläue
und mit den ersten Stimmen friedlich Ruh zerfällt,
das Leben emsigen Tags beginnt aufs Neue.

Samstag, 15. Januar 2011

Was wissen wir denn...


Du hast nie die Lust verspürt,
wenn der Wal die Kuh verführt!
Kannst du eigentlich wirklich wissen,
ob sich Fische nicht doch küssen?
Weißt du was ein Hund empfindet,
wenn man ihn an die Leine bindet?
Ist die Katze wirklich froh
zu Hause mit dem Katzenklo?
Ist es gut für das Kaninchen
als ein Spielzeug von Sabinchen?
Errat Gedanken von dem Gnu,
drückt der Löw´ die Kehle zu!
All das ist dir wie mir scheint
unbekannt – wenngleich Tierfreund.
Und warum? Du hast vergessen
Tiere nicht am Mensch zu messen!


Was wissen wir denn...

Du hast nie die Lust verspürt,
wenn der Wal die Kuh verführt!
Kannst du eigentlich wirklich wissen,
ob sich Fische nicht doch küssen?
Weißt du was ein Hund empfindet,
wenn man ihn an die Leine bindet?
Ist die Katze wirklich froh
zu Hause mit dem Katzenklo?
Ist es gut für das Kaninchen
als ein Spielzeug von Sabinchen?
Errat Gedanken von dem Gnu,
drückt der Löw´ die Kehle zu!
All das ist dir wie mir scheint
unbekannt – wenngleich Tierfreund.
Und warum? Du hast vergessen
Tiere nicht am Mensch zu messen!

Ablauf

Der Wind trug eine Melodie
Frühling
Jugend
Liebe
ach so weit
so weit...

Sonne strahlt am Horizont
Wärme
Kraft
Glück
Du

Farben herbstlich eingefärbt
reifen
ernten
welken

Weiße Winterkälte
Dunkelheit
Einsamkeit
Nacht
So bleibt ´ s am Ende

Freitag, 14. Januar 2011

Muß nicht sein

Friedlich tollen rote Büschel
vor verstecktem Fähenbau.
Füchsin – wachsam im Gebüsche
unsichtbar – weil viel zu schlau.

Jägers Flinte nimm die Kleinen
gnadenlos in das Visier.
Schuß erschallt – ein Wimmern, Weinen
tot von Sechsen sind nun vier.

Auch gestandenen Jagdgenossen
Tränen in den Augen stehen,
haben Füchse selbst geschossen,
doch traurig so ein Bild zu sehen.

Waidmanns Dank erstickt im Keime,
blutig ist die Szenerie –
Wenn ich auch als Waidmann reime,
tät ich so ein Jagen nie!

Donnerstag, 13. Januar 2011

Wintertrübung

Von strahlend weiß zu grieslich grau
wechselnd ist die Wetterlage,
dennoch bleibt der Winter rauh
trüb und regnerisch die Tage.

Auch die Stimmung färbt sich ein
unstet wie die Himmelslaunen,
Griesgram tritt zur Tür herein,
Lachen wird verschwommenes Raunen.

Doch die Himmelswasser fallen
unbeirrt und gnadenlos.
Bäche und die Flüsse wallen
talwärts, reißend mit Getos.

Und in dieses kalte Weinen
mischt sich ein das Klagelied,
wimmernd wie verlorene Seelen,
wenn der Wind die Wipfel wiegt.

Fremder,wenn du gehst

Er saß am Fenster des ICE. Das leichte, kaum merkliche Wiegen des Waggons schien die ermüdeten Reisenden des Großraumwagens einzulullen. Ein leichter Nieselregen wurde vom Fahrtwind über die Scheiben geschleift an denen sich die Tropfen horizontal wie Spinnenschleier verteilten. Das sanfte Dahingleiten des Zuges veranlasste ihn zurückzudenken. Alles hat sich verändert, sinnierte er . Vor mehr als fünfzehn Jahren war er dieselbe Bahnstrecke in umgekehrter Richtung schon einmal gefahren. Sein damaliger Zorn, seine Verzweiflung hatten in ihm immer wieder jenen Satz in seinen Ohren klingen lassen, der sich mit dem Rhythmus des Zuges wieder und wieder in sein Gedächtnis eingeprägt hatte: du bist .. .ratter, ratter, nicht mehr…ratter ratter, mein Sohn! Dann schlug die Tür zu seinem Elterhaus zu und das hasserfüllte, wutschnaubende Gesicht seines Vaters verschwand – nicht jedoch aus einem Gedächtnis in das es sich unauslöschlich tief eingeprägt hatte. Um ihn herum lebte alles von Veränderungen. Die Weltlage veränderte sich, auch er hatte durch die Erfahrungen des Lebens entscheidende Veränderungen durchgemacht, nur, eigenartig, diese letzte Bild seines Vaters war resistent in seinem Kopf und wollte sich durchaus nicht zu einem versöhnlichen Ausdruck wandeln. Irgendwo hatte er mal gelesen,
wo war ihm nicht mehr erinnerlich, dass es nicht die Meinungsverschiedenheiten bei Auseinandersetzungen sind, die zu unversöhnlichem Streit führen sondern vielmehr die Unfähigkeit bei Zwistigkeiten einander zu zuhören. Ob dies wohl nach so langer Zeit seinem Vater und ihm gelingen würde? Die Bereitschaft seinerseits war da – sonst hätte er sich die weite Reise nach Hause wohl erspart. Fragte sich nur, ob die überraschende Rückkehr auch alle Barrieren bei seinem Vater einreißen könnte. Je mehr er darüber nachdachte und der Zug sich seiner Heimatstadt auf wenige Kilometer genähert hatte, desto unruhiger wurde sein Gemüt. War es der richtige Schritt? Wenn es nach seiner Sehnsucht eines heimeligen Zuhauses oder besser des nach Hausekommens ging, gab es da keine Fragen. Nur sein ausgeprägter Realitätssinn sträubte sich, einem Wiedersehen ohne Wenn und Aber entgegen zu blicken.
Seine Überlegungen hatten ihn so beschäftigt, dass er kaum bemerkte, wie der ICE in den Hauptbahnhof einfuhr. Ebenso hatte sein Bewusstsein die sanfte Stimme der Ankunftsdurchsage ausgeblendet. Jetzt jedoch, wo der erste Schritt auf den Boden seiner Heimatstadt bevor stand, war er wieder hellwach. Er angelte seine Reistasche aus der Gepäckablage. Mehr als das Notwendigste für eine Übernachtung, wenn es sein sollte in einem Hotel, hatte er nicht eingepackt. Er ließ sich im Strom der aussteigenden Mitreisenden treiben und betrat den Bahnsteig. Der gerade vor einem Jahr renovierte Provinzbahnhof – früher hatte er sich gegen das Wort „Provinz“ heftig verwahrt, immerhin war seine Heimatstadt eine Großstadt mit über 300.000 Einwohnern – jener Provinzbahnhof also hatte seine verrußte und marode Schäbigkeit abgelegt und präsentierte sich als durchaus ansehnliches Schmuckstück aus den frühen Jahren der Jahrhundertwende. Er nahm dies als Zeichen von Wandlungsfähigkeit alt Hergebrachten, den Aufbruch von Verkrustungen ohne den eigentlichen Charakter zu verlieren. Die Rolltreppe brachte ihn in die gewölbte Haupthalle. Er sah sich nach einem Blumenladen um. Seine Mutter hatte eine Vorliebe für bunte Herbststräuße, von denen er den teuersten erstand. Danach ging er in die Bahnhofsbuchhandlung und suchte nach einer bestimmten Biografie. Sein Vater war ein äußerst strenggläubiger Katholik und als ehemaliger Messdiener im Paderborner Dom mitunter auch fanatisch, wenn es um Glaubensfragen ging.
Ein Buch über den Pabst Benedikt erschien ihm deshalb als Morgengabe zur erhofften Versöhnung angemessen.
Er trat auf den Bahnhofsvorplatz. Auch hier hatte sich viel verändert. Dort wo früher ein altes Hotel gestanden hatte, öffnete sich der Blick auf einen erweiterten Vorplatz hin zu einer neuen Stadthalle. Auch die U-Bahn war zwischenzeitlich fertig gestellt. Alles machte einen gelungenen Eindruck, wie er zu seiner Freude feststellte. Er hatte auch während seiner Abwesenheit ein festes Band der Erinnerung an seine geliebte Heimatstadt geknüpft, um so mehr erfüllte es ihn mit stolzer Genugtuung, dass sich das Stadtbild aus einem nichts sagenden Etwas zu einem passablen Anblick verändert hatte.
Er nahm ein Taxi und nannte dem Fahrer das Fahrziel. Es lag etwas außerhalb im vornehmen Westen der Stadt, wo die alten Villen des Bildungsbürgertums um die eher bescheiden wirkenden Einfamilien – und Reihenhäuser der späten 60er Jahre ergänzt wurden.
Gepflegte, parkähnliche Vorgärten mit hohen, abweisenden schmiedeisernen Eingangstoren wechselten unvermittelt in die zwar ebenso gepflegten doch steril wirkenden Vorgärten der Nachkriegsbauten. Reinlich, westfälisch ordentlich, schoss es ihm durch den Kopf. Nicht so malerisch dahin geworfen, fast unordentlich wie in seiner neuen Wahlheimat, der Toskana, nach der sich unvermittelt ein leichtes Sehnen einstellte. Beim Aussteigen aus dem Taxi hatten sich seine Beine offenbar in Pudding verwandelt, so merkwürdig nachgiebig fühlten sich seine Knie an. Er nahm sich zusammen und drückte tapfer den ihm so vertrauten Klingelknopf. Es dauerte eine Weile, bis an der Türsprechanlage die schnarrende Stimme seines Vaters ertönte.
„Wer ist da“, fragte es misstrauisch aus dem Lautsprecher. „Ich bin ´s – Karl-Heinz, dein Sohn“, versuchte er seiner Stimme einen möglichst fröhlichen Klang zu verleihen. „Ich habe keine Sohn“, klang es wütend zurück. Dann wurde aufgelegt. Sollte das Klacks des Türtelefons das Letzte sein, was er wieder mit zurück in sein neues Leben nahm? Er klingelte beharrlich, bis eine Stimme schrie: „Hau ab, dahin wo du hergekommen bist.“ Da kein „Klack“ angekündigt hatte, dass auf der anderen Seite der Hörer aufgelegt wurde, schrie der Ankömmling zurück: „Ich will Mutter sprechen!“ „Deine Mutter ist tot“, klack. Er konnte Sturm schellen soviel er wollte. Es regte sich nichts mehr hinter der Tür. Sein wütendes Hämmern mit den Fäusten wurde mit verachtenswerter Ruhe quittiert. Nach einer Weile gab er auf. Wie um seinem Vater eine schallende, symbolische Ohrfeige zu verpassen, legte er das Buch vor die Tür.
Gleichsam als wollte er ihm vor Augen führen, dass dieser Christliche Nächstenliebe und Vergebung in seiner intoleranten, fanatischen Art soeben ausgesperrt hatte. Gerade die von Christus so hoch gepriesene Liebe trennte ihn nun vom seinem Vater. Sicherlich hatte Jesus nicht unbedingt die homosexuelle Liebe dabei im Auge gehabt, aber immerhin die Vergebung und Erlösung. Sein Vater aber konnte seine Neigung weder annehmen noch ihm verzeihen.
Es hatte zu regnen angefangen und die Regentropfen klatschten in sein Gesicht. Sie liefen ihm die Wangen hinunter – oder waren es Tränen, die sich mit dem Regenwasser mischten?
Der Weg zu dem Stadtteil-Friedhof war nicht weit. Er betrat den Friedhof durch das kleine Tor an der Kapelle und erkundigte sich dort bei den arbeitenden Friedhofsgärtnern nach dem Grab seiner Mutter. Er erntete zunächst nur unverständiges Achselzucken, bis ein älterer Gärtner hinzutrat in dessen Pflege-Bereich zufällig die Grabstätte seiner Mutter fiel. Der Mann war bereit ihn zu dem Grab zu führen.
Hier stand er nun, der verlorene Sohn. Er legte den Herbstblumenstrauß vor dem Grabstein nieder und verharrte eine Weile wie erstarrt. Kein Gebt kam ihm über die Lippen, er hatte vergessen, wie man betet. Wie er auch vergessen hatte, dass sein und seines Vaters Streit und Unnachgiebigkeit das Opfer einer unheilbar verletzten Seele gekostet hatten. Er wandte sich um und ging schweren Schrittes den Weg zurück, den er gekommen war. Er nahm die vertraute Gegend wie ein Fremder wahr. In seinem Hirn formten sich bei jedem seiner Schritte die Worte: „ fremd“, tock tock tock, „bist u du,“ tock tock, „wenn du gehst,“ tock tock…




Aus Anthologie: Von einer langen Heimkehr (Erzählungen) Engelsdorfer Verlag (einer meiner Beiträge)

Mittwoch, 12. Januar 2011

Schlafe selig, schlaf süß...

„Es dünkt mich,“ sprach ein weiser Mann,
„die Welt geht bald in Fetzen.
Drum rette sich wer es noch kann,
vorm großen Messer-Wetzen.“

Schon kam der Dioxin Skandal,
man konnte fast drauf wetten
und Hühner, Schweine allzumal,
die waren nicht zu retten.

Ein Mann, der weise Sprüche drischt,
der sollte auch bedenken,
die arme Sau versteht doch „nischt“,
darum kann er ´s sich schenken.

Wenn böse Buben sich verbünden
und Vater Staat im Tiefschlaf ist,
passieren eben solche Sünden.
Für Arme Schweine ... letzte Frist!

Dienstag, 11. Januar 2011

Warteschleife

Die Nacht – flüchtet
Neu breitet Tageslicht sich aus
Für wen? Auch für ihn,
der sich glücklich schätzen sollte
sollte...!
Tag für Tag
im Warten – worauf?
Kein Gebrauch mehr für ihn
Abgestellt das Brauchen
Last für andere
Tag für Tag
In der Warteschleife des Unnützen
Warten... im Warten
worauf?

Die Sache mit dem Storch

Der Klapperstorch hat viel zu tun...
in China. Bei uns dagegen ist gut ruh´n.
Da hat er sich ganz unbefristet
in den Tierpark eingenistet.
Dies tat er nun seit Jahren schon,
genießt hier offenbar Pension.
Vorbei ist ´s mit dem Schnäbeln, Klappern:
man sieht ihn mürrisch nur rumtappern.
Ist seine Art wohl noch zu retten
nach großem Frust in deutschen Betten?
Ist VÖGELN auch nicht mehr zu trauen,
wie all den bunten, eitlen Pfauen?

Dies alles läßt den Schwarzstorch kalt.
Er nistet in dem Brilon-Wald,
hat sich nach dort zurückgezogen.
Er meint es wird zuviel gelogen,
zum Beispiel wer in welcher Nacht
die Arbeit eigentlich gemacht.
Da mischt der Schwarzstorch sich nicht ein,
er will kein Schwarzarbeiter sein!

Montag, 10. Januar 2011

Mord schadet der Gesundheit

(oder lasst mich auch mal böse sein)

Alle Menschen müssen sterben,
nur das Wann steht noch nicht fest.
Manchmal freuen sich die Erben
oder streiten um den Rest.

Freuen tun sich auch Minister
für Gesundheit und Soziales,
ziehen sie doch die Register
für die Tore in den Hades.

Tückisch jedoch ist das Töten,
Morde an den ganz Gesunden,
gehen Beiträge doch flöten,
für die sie sich noch abgeschunden.

Morde stören die Finanzen –
Schädlich für ´s Gesundheitswesen
und im großen und im Ganzen
derer, die gesund gewesen!

Hab ´ ich ´s wirklich so gemeint?
Wär´ kein Wunder, diese Frage.
Sie wird jedoch total verneint:
Perversion tritt nicht zu Tage.

Viele Menschen sind so schlecht;
Aber , bittschön, doch nicht ich.
Und so sage ich zu Recht:
Hauspoet, oh schäme dich!

Vorbei..

Auf den Leitungen der Telefone
sah man früher viele Spatzen,
horchten dort so manchem Tone,
hörten zu was Leute schwatzen.

Siehst du heute noch die Spatzen?
Fragt mich wer...er will nicht unken:
Leute zwar noch immer quatschen,
dies geschieht nur übers Funken.

Frag nicht wo die Spatzen sind,
wo sollten sie bleiben....
ohne Leitungen geschwind
wollt man sie vertreiben.

Hören nicht Gespräche mehr
wie die Firma Horch & Guck.
Manch einer bedauert ´s sehr,
weiß nicht mehr genug!

Sonntag, 9. Januar 2011

Sechs ohne X

Sechs Tauben machen ´s sich gemütlich
und tun sich am Futter gütlich,
das ich heute ausgestreut,
weil das Singvögel erfreut,
die an diesen kalten Tagen
offenbar ganz schrecklich darben.

Nein, so war das nicht gedacht,
diese „sechs“ nicht Freude macht!
Doch beim näheren Überlegen,
muß ich mich nicht sehr erregen.
Eine „Sechs“, die nicht mit „X“,
gibt wohl zum Erregen nix!

Samstag, 8. Januar 2011

Die alte Bank

Am Wegesrand mit Blick zum Tal
steht eine Bank – als wie vergessen.
Ich sucht´ sie auf so manches Mal,
hab Stunden sinnend da gesessen.

Der Blick hoch über Stadt und Land
von droben abseits des Geschehens,
den als Betrachter ich dort fand,
gab mir ein anderes Gespür des Sehens.

Nun sitz ich hier – seh´ mich als Kind
den großen Stein erklettern
und wie Erinnerungen sind,
hör die besorgte Mutter ich noch wettern.

Seh´ mich schlendern, eng umschlungen
auf dem verschwiegen, einsam Pfad.
Wie lieblich ihre Stimme hat geklungen
als ihre Liebe sie gestanden hat.

Und während Nebel in Vergangenheit
sich drängen
hab´ unbewußt mit einem Ast ins Erdreich
ich geschrieben
Gedanken , die sich mir aufdrängen
„ich habe aufgehört zu lieben!“

Die alte Bank




Gestern habe ich mein Glücklichsein vergessen.
Obgleich ich schwor auf immer darauf aufzupassen,
hab ich es so ganz nebenbei im Restaurant beim Essen
unbedacht und achtlos liegen lassen.
*
Somit geschah es, wie es kommen musste.
Ich hatte wohl die Schwelle meines Glückes überschritten,
und wie beim Lebensbrot die Krume von der Kruste
so wurd mein Glücklichsein mir abgeschnitten.
*
Ich fühle mich seitdem wie ein Zitronensaft,
der ohne Zucker kaum noch zu genießen.
Die Lebensfreude so abrupt dahingerafft
und aus dem Aug` die Zähren fließen.
*
Mein kleines Glücklichsein, wie werd´ ich dich vermissen,
vielleicht hat dich ein anderer schon entdeckt
und so ganz nebenbei ohn´ schlecht Gewissen
in seine eigene Tasche eingesteckt.



Freitag, 7. Januar 2011

Reise ins Ungewisse

Für die Reise in die Zukunft packt
man Illusionen ein,
hastig - nicht sehr gut verschnürt
man viele unterwegs verliert.
Das Ziel, das End´ weiß EINER nur allein.

Jeder geht auf diese Reise.
Hoffnung heißt der Reisebus,
weil im Leben alles einfach und
auch besser werden muß –
diese Ansicht ist nicht weise.

Denn die Reise in die Zukunft
kann von kurzer Dauer sein,
besser man stellt sich drauf ein
und man handelt jeden Tag mit
gebotener Vernunft!

Donnerstag, 6. Januar 2011

Was für ein "Kaliber"

Die Kröte, so um die drei Pfund,
heute in der Zeitung stund.
Wußt nicht, dass so ein Krötenweib
sich Pfunde anfrißt zum Vertreib
der Langeweile und der Zeit.
Sie war so lang, so wie sie breit.

Ich dachte, dass der Schlankheitswahn
steckt auch die Krötenweiber an.
Da habe ich wohl fehl gedacht!
Ich spür schon wie der Teufel lacht,
vor Freude mit dem Schwanze zucken,
verdammt er mich zum Krötenschlucken.

Ein Wintermärchen

Des Frostes eisiger Atem haucht
vorsichtig sanft durch kalt Geäst
wo wenig Feuchtigkeit es braucht
Kristalle auf Kristall sich setzt.

Die Äste aber an dem Baum,
die neigen sich vor weißer Pracht.
Im Nu entsteht ein Märchentraum,
daß selbst die Wintersonne lacht.

Sie wirft ihr Strahlenbündel hell
Durch glitzernd filigran Gebilde,
der Wolkenregisseur jedoch verändert schnell
und dämpft das grelle Weiß behutsam, milde.

Der Winter als ein Architekt der Pracht,
der durch den Frost kristall´ne Blüten treibt,
der aus der nackten Kahlheit Herrlichkeiten macht
entwirft ein Bild vor dem erstaunt man sich
die Augen reibt.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Sauereien macht nur der Mensch

Sag, wieviel von Dioxin
steckt nun in den Eiern drin?
Hennen, die die Eier legen
können kaum wohl Anwort geben,
da man Regeln so mißachtet,
werden viele abgeschlachtet.

Das Sprichwort: sag mir was du ißt
und ich sag dir wer du bist
wandelt sich in Ironie:
was man ißt, das weiß man nie,
also du auch niemals weißt
wer du bist – nur was du scheißt!

Toxologisch ausgestaltet
so der Körper nur verwaltet,
was du ihm hast zugeführt,
wenngleich selbst nicht angerührt.
Klag nicht an die Legehennen,
die dazu doch gar nichts können!

Menschen sind ´s , die sich verwandeln
in Schweine, welche gierig handeln.
Doch täte ich dem Borstenvieh
Unrecht, wenn ich diesem zieh
solcher Art Verhaltensweisen.
Das kennt man nur in Menschen-Kreisen!

Sonntag, 2. Januar 2011

Stierk(r)ampf

Erwartungsvoll in der Arena sitzen
Im Sonntagsstaat die Madrilenen
Sie werden an dem Schauspiel sich erhitzen
Und zitternd sich nach Sensationen sehnen.

Das bluti´ge Spiel eröffnen die Fanfaren,
der Paso Doble klingt im weiten Rund
und wie vor über 150 Jahren
tut dies dem Auftakt vom Spektakel kund.

Im bunten Aufzug schreiten die Akteure,
die Bandarilleros, Picadores zu Pferde
die Matadore und die anderen Akteure
bewegen sich wie auf geweihter Erde.

Ein Raunen geht durchs Publikum.
Es öffnet sich ein Tor:
Dann eisig Stille ringsherum,
es stürmt ein Kraftpaket von Stier hervor.

Er treibt die Bandarilleros durch das Rund,
die ihm mit bunten Spießen Wunden reißen,
das Publikum tut sein Gefallen kund,
kein Mensch mit Mitgefühl kann das gut heißen!

Der Stier, durch Blutverlust geschwächt,
steht schwankend vor dem Matador.
Der hebt den Degen – sticht er schlecht,
brüllt ihm die Menge Schmach ins Ohr.

Doch Schmach ist, was der Mensch hier treibt,
es amüsiert ihn Todesstöhnen,
wenn er auf dieser primitiven Stufe stehen bleibt,
wird sich sein Schöpfer nicht mit ihm versöhnen!

Was für eine Katze

Kuschelig, das Kätzchen,
es schnurrt und schmiegt sich an.
Ein echtes Samtpfot-Schätzchen,
das lieb, so lieb sein kann.

Und streichel ich es zärtlich
vom Köpfchen übern Rücken,
dann räkelt ´s sich behaglich,
ein Anblick zum Entzücken.

Nur manchmal stört das Fauchen
und auch das Krallenzeigen,
dann bitte ich das Frauchen:
oh, Liebste, laß das bleiben!

Wirklich kein eigener Wille?

Die Nacht, sagt man, ist keines Menschen Freund.
Die Dunkelheit verbreitet Unbehagen,
doch auch tagsüber, wenn die Sonne scheint,
sich manche Menschen nicht vertragen.

So ist es gleich zu welcher Tageszeit
der Mensch sich unter Seinesgleichen wagt.
Fügt er dem Mitmensch bitteres Leid,
ist es egal, ob ´s nachtet oder tagt.

Der Mensch im dunklen Drang befangen,
hat sich den Göttern abgewandt.
Sein Handeln stoppt nicht Furcht noch Bangen
vor den Eyrinien, die Oplympier gesandt.

Nicht schreckt die Strafe, die den Tätern
zwangsläufig auf dem Fuße folgt.
Erbsünden, überkommen von den Vätern
ist durch die Gottheiten gewollt?