Donnerstag, 10. März 2011

Guter Freund

Es ist schon so eine besondere Angelegenheit mit der Umgangssprache. Da ist von guter Butter die Rede, von echtem Bohnenkaffee und dem guten Freund. Die beiden ersten Begriffe stammen aus einer Zeit der Mangelwirtschaft: man wollte betonen, daß es sich tatsächlich um Butter handelte und nicht etwa um irgendein Streichfett, das als Ersatz herhalten mußte.
Das Gleiche galt für Kaffee, der aus Bohnen gewonnen wurde und mit dem Muckefuck gerösteter Getreidesorten rein gar nichts zu tun hatte. Man wollte Gutes und Echtes servieren und damit auch besondere Wertschätzung zum Ausdruck bringen z.B. für einen willkommenden Gast. Guter Freund hingegen paßt hier rein gar nicht in die Vorstellungen. Entweder man ist ein Freund... oder eben nicht, dazu bedarf es nicht erst des Attributes „gut“.
Im Gegensatz zum Beispiel zu Verwandten oder Nachbarn sowie zu Zufallsbekanntschaften kann man sich die Freunde aussuchen... wenn man denn von den betreffenden Personen auch als solcher akzeptiert wird. Hier spielt also die Gegenseitigkeit eine wichtige Rolle.

Daraus kann man messerscharf schließen: ich habe keine Freunde! Nicht, weil ich das nicht wollte sondern der Gegenseitigkeit wegen, man traut mir nicht über den Weg, womit die Basis einer Freundschaft definitiv entzogen ist. Es liegt also an mir, womit die oberflächliche Ursachenforschung überflüssig wird. Meine innere Tiefe gibt sich damit aber nicht zufrieden.
Warum? Also warum ist das so? Diese Stimme in mir nervt. Immer wenn ich antworte: ich weiß es nicht, schon quengelt sie weiter: „Dann bemühe dich um Antwort“! Bemühen! Die hat gut reden! Ich bin kein Psychologe, der meinen Charakter erst seziert, um dann festzustellen, daß der nicht taugt. Hier ist fremde Hilfe wohl eher gefragt. Ein Bekannter von mir ist Seelenklempner... das klingt despektierlich aber ich habe dafür meine Gründe ihn so zu bezeichnen. In einer schwachen Stunde ließ ich mich zu einer Sitzung verleiten. Warum kommst du zu mir... aus welchem Anlaß, fragte er scheinheilig.
Ich habe Minderwertigkeitsgefühle, sagte ich etwas verschüchtert. Die Sitzung dauerte drei Stunden, der gesamte Ablauf kann hier nicht berichtet werden, weil der angeblich der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt.“ Nun?“ fragte ich gespannt nach dem Analyse –Resultat. Mein Seelendoktor schmunzelte:“ Du hast keine Minderwertigkeits-Komplexe,
du bist minderwertig, konstatierte er. Aha, das also ist des Pudels Kern! Nie mehr Psychologie, das erschreckt. Ich habe mich deshalb der Philosophie verschrieben. Nicht weil ich ein nachdenklicher Mensch bin, der den Dingen auf den Grund gehen will... nein es ist eher ein simpler Antrieb: Philosophie ist ganz einfach. Meine Gedankengänge gehen dahin:
Et iss wie et iss, und es kütt wie et kütt. (Der aufmerksame Leser wird erkannt haben, daß ich mindestens zwei Sylvester in Köln überstanden habe) Da sind alle „gute Freunde“, Freundschaft ist in Köln Lebensziel, da wäscht eine Hand die nächste., ganz ohne Klüngel.
Übrigens ihr braucht mich nicht bemitleiden, denn ab sofort habe auch ich einen guten – ach, was sag ich – einen besten Freund. Ganz recht, es ist der Seelenklempner. Freundschaft ist schön, glaubt es mir!

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